Kontrolle: Ich entscheide! ... Statt: Andere entscheiden über mich
Mit der Patientenverfügung sorge ich dafür, dass das grundrechtlich geschützte Selbstbestimmungsrecht geachtet wird.
Wenn die Behandlerseite die in der Patientenverfügung festgelegten Wünsche und Forderungen missachtet, hat die Behandlerseite die rechtlichen Folgen zu tragen.
Denn die von mir bevollmächtigte Person, die mein uneingeschränktes Vertrauen hat, wird die Anordnungen meiner Patientenverfügung mit allen rechtlichen Mitteln durchsetzen.
Ich weiß:
Eine rechtsgültige Patientenverfügung setzt Bereitwilligkeit voraus:
Ich beschäftige mich mit einer Situation, die für mich unangenehm ist.
Eine rechtsgültige Patientenverfügung setzt Kenntnis voraus:
Was ist rechtlich möglich
Was soll sinnvollerweise angeordnet werden?
Was bedeuten die einzelnen abgelehnten medizinischen Maßnahmen?
(Beispiel: Die generelle Anordnung, ohne weitere Erklärung die Dialyse abzulehnen ist fehlerhaft.)
Eine rechtsgültige Patientenverfügung setzt Überprüfung voraus:
Bei der Regelung "Ich lehne die künstliche Beatmung ab."
ist die Problematik der Covid-19 Pandemie unbeachtet.
Denn die häufigste und bekannteste Auswirkung der Covid-19 Erkrankung ist die Schädigung der Lunge.
Natürlich empfinde ich es als unangenehm, mich mit der eigenen Endlichkeit auseinander zu setzen.
Diese unangenehme Empfindung tritt in den Hintergrund.
Denn mein Ziel ist es, geliebte Menschen (Angehörige, Freude) im Notfall zu entlasten.
Dieses Ziel erreiche ich mit der rechtsgültigen Patientenverfügung.
Indem ich die erforderliche, geeignete und gute Vorsorge treffe.
Betreuungsgericht?!
Die Genehmigung des Betreuungsgerichts unterbleibt stets,
wenn sich behandelnder Arzt und bevollmächtigte Person
einig über meinen Willen sind, d.h.
ob ich die Maßnahme/Behandlung/Therapie dulde/gestatte/fordere oder
ob ich die Maßnahme/Behandlung/Therapie ablehne.
Die Genehmigung des Betreuungsgerichts ist stets erforderlich,
wenn sich behandelnder Arzt und bevollmächtigte Person
uneinig über meinen Willen sind oder
Zweifel an meinem Willen haben, d.h.
ob ich die Maßnahme/Behandlung/Therapie dulde/gestatte/fordere oder
ob ich die Maßnahme/Behandlung/Therapie ablehne.
Jetzt hat die bevollmächtigte Person eine Genehmigung des Betreuungsgerichts einzuholen.
Denn die bevollmächtigte Person hat nach dieser Verfügung die Pflicht, dass der hier nieder gelegte Wille beachtet und durchgesetzt wird.
Wichtig für bevollmächtigte Person ist:
Stets ist die medizinische Indikation erforderlich.
Über diese Frage entscheidet nur der Arzt/die Ärztin.
Fehlt eine medizinische Indikation
zur Einleitung oder Weiterführung einer Maßnahme
ist es ausgeschlossen,
dass die Maßnahme eingeleitet bzw. (weiterhin) durchgeführt wird.
Was sind Vorsorgeverfügungen?
Der Begriff "Vorsorgeverfügung" umfasst
1. Vorsorgevollmacht
2. Betreuungsverfügung
3. Patientenverfügung (ggf. mit Organverfügung)
jeweils mit unterschiedlichem Regelungsinhalt.
Es ist sinnvoll, diese Regelungsinhalte (teilweise) miteinander zu kombinieren.
Besondere Bedeutung kommt der Vorsorgevollmacht für den Fall zu,
dass die Partner unverheiratet sind
(nichteheliche Lebensgemeinschaft bzw. nicht eingetragene Partnerschaft),
denn diese Partner sind in medizinischen Notfällen
von den bedeutsamen Informationen und
damit von wichtigen Entscheidungen
dauerhaft vollständig ausgeschlossen.
Auch Ehegatten sind nach derzeitiger Rechtslage nur befugt
für den entscheidungsunfähigen Ehepartner zu entscheiden,
wenn eine entsprechende Vollmacht vorliegt.
Fehlt diese Vollmacht, ist
- langfristig betrachtet -
zwingend ein Betreuungsverfahren durchzuführen und
die gerichtliche Bestellung einer (ggf. fremden) Person
als Betreuer(in) erforderlich.
1. Vorsorgevollmacht
Für den Fall,
dass es Ihnen unmöglich werden sollte,
Ihre eigenen Angelegenheiten
selbst zu regeln (Entscheidungsunfähigkeit),
sollten Sie in einer Vorsorgevollmacht
einen Menschen, dem Sie trauen
als bevollmächtigte Person einsetzen.
Dieser erteilen Sie die Befugnis,
für Sie Erklärungen rechtswirksam abzugeben
und rechtsgültig für Sie zu entscheiden und zu handeln.
2. Betreuungsverfügung
In der Betreuungsverfügung benennen Sie
die bevollmächtigte Person für den Fall,
dass eine Betreuung aus gesetzlichen Gründen erforderlich werden sollte.
3. Patientenverfügung
In der Patientenverfügung
regeln Sie medizinische Vorgaben
für den Fall Ihrer Entscheidungsunfähigkeit.
Sie bestimmen eine bevollmächtigte Person,
die im medizinischen Notfall die (letzten) Entscheidungen trifft.
Präzise formulieren!
"Trotz oder gerade wegen einer Vielzahl von
ungefähr 250
verschiedenen Formularen für Patientenverfügungen,
die sich in Deutschland im Umlauf befinden,
bleibt das Problem bestehen,
dass viele Vordrucke zu PVen aufgrund pauschaler Formulierungen
bei schwierigen Entscheidungen in der Intensivmedizin unbrauchbar sind."
Quelle: Umgang mit Patientenverfügungen: Probleme durch pauschale Formulierungen Dtsch Arztebl 2013; 110(46): A-2186 / B-1924 / C-1870 Langer, Susan; Knorr, Jens-Uwe; Berg, Almuth
Sie entscheiden, welche der drei angebotenen Möglichkeiten für Ihre Situation die sinnvollste und nützlichste ist.
Ggf. übernimmt Ihre Rechtsschutzversicherung die entsprechenden Kosten.
Gesetze ändern sich.
Die Rechtsprechung ändert sich.
Auch gibt es fortlaufend neue medizinische Erkenntnisse.
Den Wandel in den unterschiedlichen Bereichen gilt es, aufmerksam zu beachten.
Änderungen beispielsweise im rechtlichen Bereich führen dazu,
dass bereits erstellte Verfügungen plötzlich fehlerhaft werden
(beispielsweise, weil sie alte (überholte) und unzureichende Festlegungen beinhalten).
Aufrüttelnd hierzu ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs
BGH, Beschluss vom 06.07.2016, XII ZB 61/16
Anforderungen an Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung
im Zusammenhang mit dem Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen.
Die Folge:
Die einst mit Sorgfalt erstellten Verfügungen sind plötzlich unwirksam.
Und damit ist das von Ihnen erstrebte Ziel,
präzise Festlegungen für SPÄTER zu treffen,
plötzlich fehlgeschlagen.
Auch im Hinblick auf die aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs
BGH, Beschluss vom 08.02.2017, XII ZB 604/15
bietet sich die weitere konkrete Darlegung
ausdrücklich abgelehnter/geforderter Behandlungen an.
BGH, Beschluss vom 14.11.2018, XII ZB 107/18
Und erneut:
Konkretisierung der ärztlichen Maßnahmen erforderlich!
Der BGH hat zum Fall des Abbruchs der künstlichen Ernährung
einer im wachkomatösen Zustand befindlichen Patientin eine Entscheidung getroffen.
Enthält eine Patientenverfügung einerseits die Formulierung
„Ich wünsche keine lebensverlängernden Maßnahmen“ und
andererseits die Formulierung
„Aktive Sterbehilfe lehne ich ab"
ist dies auslegungsfähig.
Und "auslegungsfähig" bedeutet Unsicherheit.
Beugen Sie dieser Unsicherheit daher vor und
beachten Sie die rechtlichen Vorgaben
an eine bindende Patientenverfügung.
Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung oder
Aus welchen Gründen es sinnvoll ist,
dass Sie bereits heute
an eine möglichen Notfallsituation denken ...
und vorbeugend tätig werden
1. Vorsorgevollmacht
In der Vorsorgevollmacht regeln Sie einerseits den persönlichen Bereich
(ich wähle hier bewusst die kurze Formulierung) und
andererseits den vermögensrechtlichen (finanziellen, rechtsgeschäftlichen) Bereich.
Sie reffen Regelungen,
die für Sie im Notfall wünschenswert sind.
Sie setzen eine bevollmächtigte Person ein,
die im Notfall auf die Einhaltung dieser Regelungen achtet und
vollumfänglich rechtsgültig an Ihrer Stelle
für Sie entscheiden und handeln kann.
Beachten Sie: Fehlt eine Vorsorgevollmacht oder
ist die Vorsorgevollmacht fehlerhaft/unzureichend bzw.
ist die Vorsorgevollmacht aufgrund von Gesetzesänderungen
fehlerhaft/unzureichend geworden,
wird bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen
- also dann, wenn Sie unfähig werden sollten, Ihre Angelegenheit selbständig zu regeln -
vom Gericht eine Betreuerin/ein Betreuer bestellt.
Dies ist zwingend, d.h. unumgänglich.
2. Betreuungsverfügung
Das Entscheiden und Handeln einer fremden Person
für Ihre Angelegenheiten
können Sie nur dann umgehen,
wenn Sie ergänzend zur Vorsorgevollmacht
auch eine Betreuungsverfügung errichten.
Oder wäre es von Ihnen gewünscht und gewollt,
dass eine vom Gericht eingesetzte ggf. fremde Person
über Ihre Angelegenheiten zu bestimmen hat?
3. Patientenverfügung oder
Aus welchen Gründen es sinnvoll ist,
dass Sie sich bereits heute
mit dem Leben und Sterben beschäftigen ...
und vorbeugend tätig werden
Ich erstelle Patientenverfügungen
in rechtlicher und medizinischer Hinsicht
seit dem Jahr 2002.
Sieben Jahre später
- erst im Jahr 2009 -
hat sich der Gesetzgeber entschieden,
das wichtige Thema Patientenverfügung gesetzlich zu regeln.
Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts
sind u.a. die §§ 1901a, 1901b und 1901c BGB
am 1. September 2009 in Kraft getreten.
Weshalb ist es sinnvoll,
sich mit den eigenen Wertvorstellungen, den Einstellungen zum Leben
intensiv auseinanderzusetzen?
Sollten Sie es bevorzugen,
dass in Ihrem Leben bereits jetzt stets andere Menschen für Sie entscheiden und
Sie kontrollieren,
dann können Sie an dieser Stelle mit dem Lesen aufhören.
Gehören Sie zu den Menschen die es lieben, ihr eigenes Leben selbst zu gestalten?
Gehören Sie zu den Menschen die auch vorher-denken für den Fall,
dass sie einmal unfähig werden könnten eigene Entscheidungen zu treffen
(z.B. aufgrund einer schlecht ausgegangenen Operation, durch einen (Verkehrs-)Unfall)?
Dann mache ich Sie auf folgendes aufmerksam:
Sollten Sie beispielsweise durch einen Verkehrsunfall in die unerwartete Situation geraten,
weiterhin eigene Entscheidungen treffen zu können,
werden in aller Regel die Angehörigen informiert.
Die Angehörigen kommen also ins Krankenhaus.
Sie sehen Sie auf der Intensivstation liegen.
Die Angehörigen nehmen erschüttert wahr, dass Sie unansprechbar sind.
Der Ablauf des Prozesses "alle lebenserhaltenden Maßnahmen ausschöpfen"
ist bereits in vollem Gang.
Diese Situation ist eine für die Angehörigen hoch emotionale und sehr belastende Situation.
Und in dieser Situation werden die Angehörigen von den behandelnden Ärzten
angesprochen, aufgeklärt und befragt.
Ist es in dieser Situation Ihr Wunsch,
dass die Angehörigen in dieser emotionalen und schwierigen Lage entscheiden,
welche weiteren Maßnahmen getroffen oder ggf. unterlassen werden?
Ist es in dieser Situation Ihr Wunsch,
dass sich die Angehörigen mit dem Thema Leben, Leiden und Sterben für Sie
auseinandersetzen?
Ist es jetzt in dieser Situation Ihr Wunsch,
dass die Menschen die Sie lieben und von denen Sie geliebt werden
mit schwer wiegenden Entscheidungen belastet werden
weil Sie untätig gewesen sind, zuvor möglichst viel zu regeln?
Sofern Sie auch nur eine der gerade gestellten Fragen mit "Nein!" beantworten,
empfehle ich Ihnen,
JETZT Ihren Widerstand zu überwinden und
sich eingehend mit dem Thema Patientenverfügung zu beschäftigen.
Dies mag unangenehm sein.
Bedenken Sie bitte:
Es wird bedauerlicherweise viel unangenehmer, nahezu unerträglich,
für Ihre Angehörigen,
über Sie im Notfall zu entscheiden.
Sollten Sie bereits eine Patientenverfügung aufgesetzt haben,
die auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage (noch) gültig ist,
dann empfehle ich Ihnen:
Ein bestimmtes Datum für die
mindestens jährlich vorzunehmende Überprüfung der Verfügung
sollten Sie sich aufschreiben.
Und aus welchen Gründen sollten Sie das tun?
1.
Zum einen unter dem Gesichtspunkt der Wertvorstellungen.
Lebensumstände ändern sich.
Sie machen neue Erfahrungen und Ihr Blick auf das Leben und Sterben hat sich gewandelt.
Was Sie im letzten Jahr festgelegt haben, kann daher in diesem Jahr bereits überholt sein.
2.
Und zum anderen unter dem Gesichtspunkt, dass sich
a) medizinische oder/und
b) rechtliche Festlegungen
geändert haben.
Wenn Sie die Überprüfung vornehmen,
können Sie die "alte" Patientenverfügung den neuen medizinischen Erkenntnissen anpassen.
Wenn Sie die Überprüfung vornehmen,
sollten Sie die "alte" Patientenverfügung den neuen rechtlichen Vorgaben anpassen.